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Wie werden aus Praktikantinnen und Praktikanten starke Erzieher-Persönlichkeiten?

  • Geschwister-Gummi-Stiftung

Ein angehende Erzieherin im Ökumenischen Kinderhort der Geschwister-Gummi-Stiftung und Praxisanleiter erzählen.

Eine regelmäßige und intensive Anleitung durch Fachkräfte ist die Basis für die Praktikantinnen und Praktikanten in den Tageseinrichtungen für Schülerinnen und Schüler sowie den Kinderwohngruppen. Ein angehende Erzieherin im Ökumenischen Kinderhort der Geschwister-Gummi-Stiftung verrät, warum sie lernen müssen, authentisch zu sein und die eigene Person zu reflektieren, um die Kinder gut auf ihrem Weg begleiten zu können.

Fördern, aber nicht überfordern. Unterstützen, aber nicht alles abnehmen. Begleiten, aber nicht verschmelzen. Für Erzieherinnen und Erzieher bleibt es wohl ihr gesamtes Arbeitsleben lang eine Herausforderung, diese Balance zu finden. In diesen Auftrag wachsen auch die Auszubildenden der Geschwister- Gummi-Stiftung hinein – ob im Berufspraktikum im Fachbereich „Familie und Erziehung“, also unter anderem den Kinderwohngruppen, und den Tageseinrichtungen für Schülerinnen und Schüler, oder im Sozialpädagogischen Einführungsjahr SEJ, das in den Horten und Ganztagsschulen absolviert werden kann.

Begleitet werden sie von Praxisanleitungen, wie sie etwa der Leiter des Ökumenischen Kinderhorts Andreas Wittmann für Jasmin Gürtler ist. Sie leistet seit neun Monaten ihr Berufspraktikum dort ab. Nach einem gemeinsam erstellten, individuellen Ausbildungsplan übt das Duo beispielsweise Methoden zur Gestaltung pädagogischer Beziehungen ein, trainiert die Beobachtung und Analyse von Alltagssituationen oder die Kooperationsfähigkeit im Team und mit Eltern.

Konkrete Situation, nicht: „Man würde…“

„Es gibt immer wieder Situationen im Alltag mit den Kindern, wo ich mich im Nachhinein frage: Hätte es anders laufen können? Und wie?“, resümiert Jasmin Gürtler. In regelmäßigen Gesprächen mit Andreas Wittmann reflektiert sie verschiedene Situationen und Themen aus der vergangenen Woche. Dabei fließen Beobachtungen, Unsicherheiten oder konkrete Fälle aus beiden Perspektiven ein. Je nach Ausbildungsstand greifen die Frauen und Männer dabei schon auf ihr eigenes Fachwissen und Erfahrungsschatz zurück, bewerten das eigene Verhalten oder erarbeiten Verbesserungsmöglichkeiten. „Das Besondere an der praktisch angelegten Erzieherausbildung ist es, dass wir nie auf der Metaebene, das heißt aus einer übergeordneten Perspektive, über einen Sachverhalt sprechen, nie mit >>Man würde dies oder jenes tun<<“, betont Florian Ernst, der ebenfalls als Praxisanleiter in diesem Fachbereich tätig ist. „Es geht immer um eine konkrete Situation mit dem Kind und der Praktikantin und dem Praktikanten.“

Pädagogischer Rollentausch

Eine Herausforderung, die es für alle angehenden Erzieherinnen und Erzieher zu meistern gelte, bestehe darin, fürsorglich zu handeln und gleichzeitig Respektsperson zu sein. Was im konkreten Hortalltag oft spontan gelingen muss, trainieren die Praxisanleitungen mit den Praktikantinnen und Praktikanten: „Wir nutzen dafür oft die Vormittage und die Räume, in denen sich später das Geschehen abspielt“, verrät Andreas Wittmann, der dann oftmals die Kinderrolle einnimmt. „Wir arbeiten gemeinsam an der Körperhaltung, üben Einstiegssätze, wie man Gefühle bestmöglich äußern kann und erleben ganz bewusst verschiedene Nähe- und Distanz-Szenarien.“

Projektbezogene Begleitung

Auch der Austausch vor den Prüfungen der Fachschule und die Begleitung bei der Facharbeit sind wichtig. Praktikantinnen und Praktikanten, die schon über ein breites Vorwissen verfügen, führen mit Unterstützung der Praxisanleitungen auch eigene Projekte durch - wie etwa Kilian Lehner im Schülerhort Burghaig. Diesem steht derzeit punktuell und projektbezogen Florian Ernst zur Seite. Er begleitet dessen Projekt zur Einführung und Sensibilisierung für Kampfesspiele für die Kinder aus fachlicher Perspektive. Die Überlegungen des jungen Mannes bilden hierbei die Basis für weitere Gespräche und die Strukturierung des Projekts. „Während wir uns unterhalten, entstehen immer weitere Ideen und Aspekte“, verrät er. „Dabei arbeiten wir auf gleicher Ebene zusammen.“

Weiterentwicklung ohne Grenzen

Eine offene und respektvolle Beziehung ist für das Duo Praxisanleitung und Praktikantin/ Praktikant unabdingbar. Nur so könne konstruktive Kritik wertschätzend formuliert werden. „Die Praktikantin und der Praktikant bleiben an der eigenen Weiterentwicklung interessiert“, so Andreas Wittmann. Denn diese gehöre als Erzieherin und Erzieher dazu: „Wir stehen an der Front, immer Kindern und Eltern gegenüber und in Beziehung. Über den Alltag und unseren Umgang mit den Kindern zu sprechen, bedeutet gleichzeitig immer auch über unsere eigene Persönlichkeit zu sprechen.“
Die Praxisanleitung im Schülerhort beinhaltet auch den Szenarien zum Umgang mit Medien und Selbstfindung. Die Grundschulzeit mit der Schwelle zur Pubertät ist von Abgrenzung und ersten eigenständigen Lebensentscheidungen geprägt. Auch hier ist Echtheit wichtig. „Denn die Fragen des Lebens, die Mädchen und Jungen den Praktikantinnen und Praktikanten stellen, müssen diese zuvor sich selbst beantwortet haben.“

Das eigenen Denken, Fühlen und Handeln zu hinterfragen, sei deshalb ein wichtiger Bestandteil im „Methodenkoffer Persönlichkeit“, denn für alles erzieherisches Tun benötigen sie sich zunächst „sich selbst“. Wenn Erzieherinnen und Erzieher das Verhalten der Kinder sich selbst gegenüber und die Hintergründe verstehen, biete das Chancen für die Entwicklung: „Wenn die Beziehung mit dem Kind stimmt, ist alles möglich.“

Florian Ernst: „Sie treten an um zu wachsen, wir begleiten sie dabei.“

Der Lernprozess besteht aus einer vertrauensvollen Praxisanleitung, Erfahrung, Herzblut und Geduld. Denn: Der Lernprozess der Erzieherinnen und Erzieher wird nie abgeschlossen sein. Auch die Praktikantinnen und Praktikanten werden im Laufe der Zeit ihre ganz eigene Erzieher-Persönlichkeit und einen unverwechselbaren Stil herausbilden und weiterentwickeln – auf Basis all ihres Wissens und ihrer Erfahrungen. Florian Ernst bekräftigt ihren Ausbildungsweg: „Sie treten an um zu wachsen, wir begleiten sie dabei.“

Als Praxisanleitung tätig werden können alle Erzieherinnen und Erzieher nach der entsprechenden Fortbildung. Authentizität sei aber Grundvoraussetzung, so Andreas Wittmann: „Nur, wenn die Persönlichkeit mit der Methodik und Didaktik im Alltag übereinstimmt, gelingt die Begleitung und somit die Ausbildung.“ Mit diesen qualitativ hochwertigen Ansprüchen sucht die Geschwister-Gummi-Stiftung nach Fachkräften, die Kinder verschiedenen Alters begleiten.

Mehr zu den verschiedenen Ausbildungs- und Praktikamöglichkeiten unter gummi-stiftung.de/karriere/

 

Infobox:
Die Erzieherausbildung ist Ländersache und es gibt in jedem Bundesland eigene Lehrpläne und Anforderungen. Die Ausbildung wird an Fachschulen bzw. Fachakademien für Sozialpädagogik absolviert. Im Rahmen dessen finden verschiedene Praxisphasen in Einrichtungen vor Ort statt: ein einjähriges Sozialpädagogisches Einführungsjahr (SEJ) sowie das abschließende Berufspraktikum.

Jasmin Gürtler (links), Berufspraktikantin im Ökumenischen Kinderhort, reflektiert in regelmäßigen Gesprächen verschiedene Situationen und Themen aus ihrem Alltag in der Einrichtung.
Florian Ernst (links) und Andreas Wittmann begleiten Praktikantinnen und Praktikanten in den Tageseinrichtungen für Schülerinnen und Schüler der Geschwister-Gummi-Stiftung als Praxisanleiter.