Kinderschutz ist das zentrale Thema der Jugendsozialarbeit an Schulen. Wie die Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen jungen Menschen bei Konflikten und Problemen rund um die persönliche Entwicklung, Schule und Familie helfen, wie diese Hilfe in der jetzigen Lage möglich ist und auf welche Signale Eltern und Lehrkräfte achten können.
Auch wenn der Distanzunterricht jetzt teilweise dem Ende zugeht, sind doch noch viele Klassen länger zu Hause oder im Wechselunterricht.
Von Angesicht zu Angesicht in der Notbetreuung
Schulen als der Ort, an dem Begegnungen bisher stattfanden und Auffälligkeiten erkannt werden konnten, sind noch geschlossen. Das Engagement der Jugendsozialarbeit an Schulen ist für Kinder in der Notbetreuung von Angesicht zu Angesicht möglich: Die Schülerinnen oder Schüler können sich direkt mit den Sozialpädagogen austauschen – und das oft in lockerem und unkompliziertem Rahmen: beim gemeinsamen Spiel oder einem Spaziergang. „Hier haben wir die Möglichkeit direkt zu reagieren. Wir stehen mit Gesprächsangeboten, Entspannungstechniken und anderen Methoden zur Seite“, so Sabine Schreiber, die an der Mittelschule Marktleugast tätig ist. Befinden sich in der Notbetreuung auch noch Kinder, mit denen das Team ohnehin schon länger zusammenarbeitet, kann die aktuelle Lage sogar als Chance dienen, um enger und tiefer einzusteigen, weil mehr Zeit und Möglichkeiten für eine intensive Arbeit gegeben sind. Sozialpädagogin Sabine Schreiber weiß: „Es ist manchmal schwer im Alltag, wenn die ganze Familie da sind und alle gleichzeitig konzentriert arbeiten müssen – entweder im Homeoffice oder an den Schulaufgaben.“ Den Umgang mit solchen Konflikten löst jede Familie anders. „Manchen Familien fehlen adäquate Strategien und Ideen, um Probleme gut zu bewältigen. Sollten die Eltern zudem das Kind abschotten, wäre das ein Fall, bei dem man hinter die Kulissen schauen sollte.“ Doch auch Probleme im familiären Kontext wie zum Beispiel die Scheidung der Eltern, Erkrankungen dieser bis hin zu Vernachlässigungen treten zu Tage oder Themen, die für oberflächliche Alltagsbetrachtungen nicht sichtbar und mit Scham und Hilflosigkeit besetzt sind. Als Beispiele können hier Gewalt im elterlichen Haushalt, schwere psychische Erkrankungen von Bezugspersonen oder sogar Missbrauchserfahrungen benannt werden. Oftmals müssen Kinder, die mit solchen Situationen in Berührung kommen, mühsam lernen ein Gleichgewicht zu finden.
Zusammenarbeit mit den Lehrkräften
Die Jugendsozialarbeit an Schulen will tiefgründig nachforschen und helfen: Was befindet sich „unter der Wasseroberfläche“? Der Schultag war bisher der zeitliche Rahmen, innerhalb dessen sich das Team der Jugendsozialarbeit den Kindern oder Jugendlichen und ihren Sorgen näherte. Unter „normalen“ Umständen gelang dieser behutsame Vorgang vor allem durch den intensiven Austausch mit den Lehrkräften und genaues Beobachten, Hinhören und „Andocken. Die enge Zusammenarbeit mit den Lehrkräften und den Schulleitungen ist aktuell besonders wichtig. „Hier wird deutlich, ob Schülerinnen und Schüler vermehrt nicht oder nur punktuell am Videounterricht teilnehmen oder Aufgaben nicht abgeben. Welche Schülerin oder welcher Schüler fällt in den Leistungen deutlich ab? Wir erfahren auch, welche Erziehungsberechtigte für Lehrkräfte nicht erreichbar sind oder umgekehrt,“ berichtet Michael Schulz von der Jugendsozialarbeit an der Mittelschule Ebermannstadt. „Natürlich können hier mehrere Gründe ausschlaggebend sein für Probleme im Umfeld der Kinder, seien es fehlende digitale Mittel, fehlende Motivation oder aber mangelnder familiärer Rückhalt.“ In Absprache mit den Lehrkräften wird dann gemeinsam überlegt, wie Kontakt zum dem/r jeweiligen Schüler/in aufgenommen wird.
Hausbesuche und Kontakte
Im Vordergrund steht für die Fachkräfte der Jugendsozialarbeit an Schulen die aufsuchende Arbeit – sei es über Hausbesuche, Spaziergänge mit Schüler*innen oder auch mit Elternteilen, immer unter Beachtung der Hygiene- und Abstandsregeln. Auch kontinuierliche Telefonate oder Videochats mit Kindern, die sich bereits in der Vergangenheit vertrauensvoll an das Team gewandt haben, aber auch mit solchen, die erstmals Hilfe benötigen, sind wichtiger denn je.
Was derzeit verschwimmt, ist eine feste Zeitstruktur. „Es zeigt sich, dass die Fachkräfte auch oft am späten Nachmittag oder Abend kontaktiert werden – also in den Zeiten, in denen vermehrt Konflikte zu Hause auftauchen oder eben der Bedarf nach einem Ansprechpartner außerhalb der eigenen Familie für die Jugendlichen entsteht,“ so Martina Maar, Leitung der Jugendsozialarbeit an Schulen.
Kinderschutz
Mit jeder Lockdown-Woche erfahren die Jugendsozialarbeiter von depressiven Entwicklungen bei Kindern und Jugendlichen. Auch tauchen Fälle häuslicher Gewalt auf, in allen Ebenen: zwischen Eltern, Eltern und Kindern und bei Kindern untereinander. Zudem nimmt das oft anonyme Cybermobbing zwischen Kindern und Jugendlichen zu. Der aktuelle Focus der Jugendsozialarbeit an Schulen liegt deshalb darauf, eine emotionale Verwahrlosung und Vereinsamung zu verhindern und natürlich ein schulisches Wachstum zu erreichen.
Worauf Eltern achten können
„Vielen Kindern und Jugendlichen ist eine Vereinsamung anzusehen. Ein großer Teil der täglichen Zeit wird im Internet verbracht, sei es durch den Unterricht oder der fast einzig möglichen Art der Freizeitgestaltung oder Kommunikation mit Gleichaltrigen,“ so Martina Maar.
Deshalb sollten Eltern auf Signale ihrer Kinder besonders achten: Verhalten sich die Kinder oder Jugendlichen anders als sonst? Ziehen sie sich stark zurück oder fordern sie vermehrt Aufmerksamkeit ein, indem sie beispielsweise plötzlich unordentlicher werden, über normale Alltagsaufgaben diskutieren, das Zähneputzen auslassen, dauerhaft zu viel oder zu wenig essen oder absichtlich Dinge zerstören? Auch Verhaltensweisen, die vermeintlich erst einmal positiv erscheinen, können einen „Hilferuf“ darstellen: Die Suche nach mehr Körperkontakt oder Handlungen, die eigentlich aus einer früheren Entwicklungsphase stammen.
Fazit
Die Jugendsozialarbeit an Schulen ist auch bei geschlossenen Schulen für die Schülerinnen und Schüler da. Die Fachkräfte haben auch ein offenes Ohr für Eltern und Lehrkräfte. Sie geben Beratung bis hin zu therapeutischen Hilfen oder nennen sinnvolle helfende Partner.
www.gummi-stiftung.de/jugendsozialarbeit
Jugendsozialarbeit an Schulen (JaS) ist eine eigene Einrichtung der Jugendhilfe innerhalb der Schule und ist eine Leistung nach § 13.1. SBG VIII. Sie bietet jungen Menschen und ihren Familien Unterstützung in Krisen und schwierigen Lebenslagen, fördert Jugendliche in ihrer Entwicklung, hilft Lebensperspektiven zu finden und findet in enger Kooperation mit Schule und deren Zielsetzungen statt.
Das Team der Jugendsozialarbeit an Schulen der Geschwister Gummi Stiftung ist an folgenden Schulen vor Ort: Hans-Edelmann-Mittelschule Kulmbach, Mittelschule Marktleugast, Friedrich-Baur-Mittelschule Stadtsteinach-Untersteinach, Mittelschule Ebermannstadt, Staatliche Gesamtschule Hollfeld und Friedrich-von-Ellrodt-Schule Neudrossenfeld.