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Was bedeuten Farben für Kinder?

  • Geschwister-Gummi-Stiftung
  • Kinderwohngruppe, Pädagogik

In dem außergewöhnlichen Projekt „Farbenwoche“ lernen die Mädchen und Jungen einer intensivpädagogischen/ therapeutischen Kinderwohngruppe der Geschwister-Gummi-Stiftung Farben ganzheitlich kennen - mit Hilfe farblich-passender Kleidung, Basteleien, selbstgekochtem Essen und vielem mehr. Selbstwirksamkeit und Lernen mit allen Sinnen standen dabei im Vordergrund. In vielen Gesprächen mit den Fachkräften erkannten die Kinder zudem die verschiedenen Emotionen, die Farben auslösen können, und sprachen darüber.

Blauer Milchreis, ein grüner Smoothie oder das Gefühl der „Angst“? All das begegnete den Mädchen und Jungen einer Kinderwohngruppe der Geschwister-Gummi-Stiftung im Rahmen ihrer  „Farbenwoche“. Das außergewöhnliche Projekt brachte den Kindern zwischen ein und zwölf Jahren nicht nur ganzheitlich und mit allen Sinnen die verschiedenen Farben näher, sondern ergründete auch deren oftmals damit verbundenen Emotionen. Die Kinder hatten viel Spaß und Freude am Lernen der Farben, erzählten aber im vertrauten Rahmen der Wohngruppe auch von ihren eigenen Gefühlen in unterschiedlichen Situationen.

Farben prägen den Tag

In Anlehnung an den Film „Alles steht Kopf“, der dieses Thema ebenfalls aufgreift, wählten die Fachkräfte für jeden Wochentag eine bestimmte Farbe aus: Diese dominierte die Kleidung, das Essen sowie die Basteleien und Aktionen für Kinder und Mitarbeitende für 24 Stunden.

Die Woche begann mit der Farbe „ROT“. Die Kinder sowie die Mitarbeitenden der Wohngruppe zogen sich farblich passend an. Zum Frühstück gab es rote Himbeer- oder Erdbeermarmelade und einen leckeren Früchtetee. Gemeinsam wurden rote Gegenstände zusammen gesammelt und in die Mitte gelegt (Foto). Mittags gab es Spaghetti mit von den Kindern selbst hergestelltem Ketchup. Am Nachmittag wurde darüber gesprochen, welche Emotion mit der Farbe „rot“ assoziiert werden kann. Schnell kamen die Kinder darauf, dass es das Gefühl „Wut“ sein muss. Eine Erklärung eines Jungen ist sehr einleuchtend: „Ist man wütend und ballt seine Fäuste, dann wird das Gesicht schnell mal rot vor Anstrengung.“

Am „blauen Dienstag“ wurden als  Highlight T-Shirts (Foto) gebatikt. Die Kinder hatten viel Freude und waren stolz auf das Ergebnis. Doch „Was essen wir an einem einen „blauen Tag“? Kreativ wurde Blaubeermilchreis mit Apfelmus gekocht und farblich mit etwas unbedenklicher Lebensmittelfarbe nachgeholfen, um das Ergebnis so bläulich wie nur möglich aussehen zu lassen. Denn natürliche blaue Lebensmittel gibt es kaum. Selbst das Blaukraut sieht im Grunde eigentlich mehr lila als blau aus.
Welche Emotion hat mit der Farbe blau? Ein fünfjähriges Mädchen kommt auf die Trauer. Sie erklärt: „Wenn man weint, dann kommen Tränen und die sind wie Wasser und Wasser ist fast blau!“. So wurde über Situationen  gesprochen, die die Kinder traurig machen und wie mit dieser Traurigkeit dann anschließend umgegangen werden kann.

Lernen mit allen Sinnen

An jedem Tag und im Mittelpunkt der pädagogischen Arbeit der Kinderwohngruppen steht das Lernen mit allen Sinnen. Besonders die jüngeren Kinder lernen durch Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten von Dingen viel umfassender. Auch werden Inhalte auf diese Weise schneller gefestigt.

So auch in der Mitte der Woche, am „gelben Mittwoch“:  Er war geprägt von selbstgebastelten gelben Kronen und Hüten mit ganz viel Verzierung und Glitzerpulver. Gerade das kreative Gestalten schult die Hand-Augen-Koordination und die Wahrnehmung und macht so besonders Spaß. Dazu zählten zum Beispiel das Aufstreuen des gelben Glitzerpulvers mit dem Pinzettengriff oder das Aufkleben der gelben Federn.

Später wurde der Geschmackssinn benötigt: Es wartete Reis, der mit Kurkuma gewürzt eine gelbe Farbe annimmt. Anschließend schnitzten die Kinder verschiedene Formen in Kartoffeln (Foto) und stempeln munter drauf los. Jedes Kind hatte die Möglichkeit sich individuell, kreativ auszuprobieren und selbst zu entscheiden, was gefällt. Gerade die Partizipation ist wichtiger Bestandteil der pädagogischen Arbeit. Mit gelb verbanden die Kinder das Gefühl der Freude.

Der vierte Tag der Woche war in „GRÜN“. Alle Kinder kleideten sich grün ein und der Esstisch wurde farblich passend gedeckt. Es gab Wasser gefärbt mit Waldmeistersirup, Naturjoghurt mit frischen Kiwistückchen, ein Smoothie, mittags grüne Bandnudeln mit Spinatsoße und abends frische Kressebrote und Guacamole. Die Kinder wurden bei der Zubereitung stark mit einbezogen, konnten somit partizipieren und sich als eigenständig und stark erfahren.
Der Tag wurde mit dem Lied „Grün, grün, grün sind alle meine Kleider!“ begleitet, denn bei allem Wissenswerten zum Thema Farben durfte die musikalische Förderung nicht fehlen. Am Nachmittag spielten alle „Obst und Gemüse erraten“ (Foto). Mit verbundenen Augen waren Konzentration und Geschmacksinn gefragt: Welches Obst oder Gemüse kann es nur sein? Es gab Kiwi, grüne Paprika, Avocado, grünen Apfel, Weintrauben und Gurke. Einiges erkannten die Kinder blitzschnell und bei manchen Sorten benötigten sie Tipps. Welches Gefühl zu der Farbe Grün passt? Diesmal war es für die Kinder das Gefühl „Ekel“.

Mit Orangenmarmelade, Karottensaft, Kürbissen (Foto) und Feder-Stirnbändern ging die Farbwoche der Kinderwohngruppe mit dem „orangenen Freitag“ zu Ende. Eine Fühlbox mit verschiedenen orangenen Gegenstände war ein besonderes Highlight für die Kinder. Hierbei wird der taktile Bereich gezielt gefördert.
Doch „orange“, so begriffen die Mädchen und Jungen, steht auch für das Gefühl "Angst". Aufgeteilt in zwei Gruppen thematisierten die Mitarbeitenden dieses Gefühl ganz offen. Die Kinder berichteten, dass sie Angst haben, wenn sie sich alleine fühlen oder wenn es dunkel ist.
Zum Abschluss der Farbwoche und zur Wiederholung der verschiedenen Gefühle und Farben wurde am Abend gemeinsam der Film "Alles steht Kopf" angesehen.

Eine Woche voller Farben, voller Kreativität und Spaß, aber auch wertvoller pädagogischer Arbeit – so das Fazit der Mitarbeitenden. „Die Kinder haben ein Stück weit mehr ihre verschiedenen Gefühle benennen können. Das ist für die Kinder in den Wohngruppen sehr wichtig. Viele haben es in ihrer Vergangenheit verlernt“, erklärt Sozialpädagogin Lisa Reichel, Leitung der intensivpädagogischen/ therapeutischen Kinderwohngruppe.